Die Unterzahl

Es ist schon einige Monate her. Frühjahr.

Ich betreute eine U15-Mannschaft, die im Sommer davor neu zusammengestellt wurde, Die Situation hätte besser sein können. Aus unterschiedlichsten Gründen, die ich hier nicht ausbreiten will, hatten wir einen schwierigen Herbst (ohne Punkte), was ziemlich auf die Stimmung in der Mannschaft drückte. Wir stiegen also ab.

Dann das erste Spiel. Wir führten zur Halbzeit mit Wind trotz einer Vielzahl an Chancen leider nur mit 1:0. In der zweiten Hälfte gegen den Wind bekamn wir dann – zum Teil völlig unnötig – 4 Tore. Das Frühjahr begann also wieder mit einer Niederlage. Zwei Wochen später gelang dann im zweiten Spiel endlich der erste Sieg. 3:1 zu Hause. Endlich.

Wiederum eine Woche später mussten wir im dritten Spiel erstmal auswärts antreten, und zwar wieder gegen den Gegner aus dem ersten Spiel. Und es begann Tage zuvor, ein Tiefpunkt in meinem Trainerdasein kündigte sich an. Ich plante eh “nur” mit 12 Spielern (der Kader war leider nicht sehr gross) trotzdem geriet die Organisation des Transports zur echten Challenge. Die Kampfmannschaft des Vereines hatte zur selben Zeit ein (Heim-)Spiel, weshalb mein Cotrainer (selbst noch aktiv) sowie andere Funktionäre (Doppelfunktionen) als Fahrer ausfielen. Von den Eltern, die üblicherweise mitgefahren sind, mußten einige arbeiten (Spieltermin Freitag abend) oder waren anderweitig verhindert. Ich selbst sollte/wollte/mußte nach dem Spiel nach Salzburg, wäre ich nach dem Spiel mit nach Hause gefahren, hätte mich das ca. 3 Stunden Zeitverzögerung gekostet.

Schwierig.

Tagelang versuchte ich das zu lösen und organisieren, aber es wollte nicht klappen. Donnerstag abend hatte ich die Lösung. Endlich. Bis ich merkte, dass ich nur 11 Spieler unterbringe. Frust. Also nocheinmal von vorne, da noch ein Telefonat, dort noch einen Bus ausborgen. Und der Plan stand dann endlich weitere 3 Stunden später. 12 Spieler hin, und 12 Spieler wieder zurück.

Freitag.

Vormittag sagt mir ein Spieler ab. He? Da hätt die ursprüngliche Lösung für 11 auch gereicht. Was solls. Am Nachmittag, ich war gerade bei einem U8 Turnier im Einsatz, dann der Anruf einer Mutter, sichtlich aufgeregt. Ihr Sohn könne nicht mitspielen. Kein Grund[1]. Ich fragte aber – wegen der merkbaren Aufregung – auch nicht nach. Also nur mehr 10 Spieler. Was tun? Eigentlich war ich bei einem Turnier in Einsatz. Gut, also in der Spielpause, wo wir nicht spielten, versuchen Ersatzspieler auftreiben, ich hatte da ja noch eine U14. Nur, dort hatten wir in kurzer Zeit viele Spiele, da wollte keiner. Spiel absagen? Hmm, später, U8 Turnier geht weiter. Passend zur Situation, hatten wir im Zeitplan des Turniers einen Rückstand. Als das Turnier dann fertig ist, ist keine Zeit mehr zum Überlegen, keine Zeit mehr für Pläne D, E, F, .. über Plan B waren wir schon lange hinaus.

Abfahrt.

Mit rund 40 Minuten Verspätung gehts dann endlich los. Wir fahren zum Auswärtsspiel im Wissen, dass ich nur 10 Spieler haben werde. Zum Glück bekommen es die meisten Spieler nicht mit, so dass die Fahrt relativ unbelastet vor sich geht. Das Wetter wird zunehmend schlechter. Regen beginnt. Wird stärker. Und stärker. Wir kommen dann 10 Minuten vor Spielbeginn endlich am Sportplatz an. Ein Spieler, der schon zuvor gesagt hat, dass er erst kurz vor Spielbeginn kommen würde, war dadurch sogar der erste. Bestandsaufnahme, 1 Trainer, 10 Spieler 2 Väter.[2] Klar, wurde ich gerollt. “Na, weisst nicht wo … liegt?” oder “Und? Host ka Uhr?”. Egal. Schnell umziehen, Aufstellung im Onlinesystem, Pässe an Schiri. Dicht gedrängt. Spielbesprechung? Im Telegrammstil. Aufstellung? Ergibt sich eh von selbst. Tja, eins noch. Der Gegner hat 4 Ersatzspieler.

Spielbeginn.

Flutlicht. Strömender Regen. Ich alleine bei der Ersatzbank, hab ja keine Ersatzspieler. Gegner drängt von Beginn an. Klar, kann ja auch zählen. Na, das kann was werden. Burschen kämpfen und halten dagegen. Gegner kombiniert schön. Aber: Gegner schiesst nicht. Dauerregen! Hallo? Dauerregen, zum Glück schiessen, die nicht, sondern wollen den Ball ins Tor tragen, Und wenn sie schiessen, dann weit neben/über das Tor. Zeit vergeht. Spielzüge des Gegners werden krampfhafter. Trainer schreit: “des san jo nur zehne, de miasst oschiassn”. Stimmt. Tun sie aber nicht. Vor allem nicht schiessen. Trainer schreit: “Schiasst. Da bodn is noss, und de hobn jo net amoi an Tormau drinn”. Stimmt auch. Hab ganze Saison eigentlich schon keineń Tormann im Kader. Aber der, der im Tor steht – schon mehrere Spiele, macht seine Sache eigentlich ganz gut. Und heute wächst er über sich hinaus. Trainer wird zunehmend hektischer, unfreundlicher. Meine Mannschaft kämpft. Immer mehr. Das 0:0 motiviert. Die Reaktion des gegnerischen Trainers motiviert. Auch mich. Aber, wie lange wird die Kondi reichen? Ein Mann in Unterzahl? Für 80 Minuten? Pfff.

Halbzeit.

Gefährlich. Ja, Pause tut gut, a bisserl rasten. Aber: die Pause hat uns schon oft den Spielfluss gebrochen. Das Wichtigste für mich: Motivieren. Motivieren. Aufzeigen: “Kein Tor bekommen. Gut so. Trotz Unterzahl. Besser. Konterchancen gehabt. Passt. Gegner wird nervös. Das ist gut für uns.” Und dann noch folgenden Spagat schaffen: Spieler zum weiterkämpfen motivieren, auch wenn die Kondition nachlässt, auch wenn wir ein Tor bekommen, oder auch ein zweites. Aber: keinen Einbruch herbeireden. Schwierige Situation für mich. Und vor allem: gleich von Beginn konzentriert am Platz stehen.

Anpfiff zweite Hälfte.

Die zweite Hälfte beginnt wie die Erste geendet hat. Gegner drückt, aber wenig erfolgreich. Wir halten dagegen. Dann nach 5 Minuten, ein unnötiges Foul an der Outlinie rd. 30 Meter vorm Tor. Schiri gibt blau. Also 10 Minuten 11 gegen 9. Umstellung. Einziger Stürmer zurück, muss mit verteidigen. Zu meiner Überraschung macht ers ohne Murren. Der gegnerische Trainer sieht die Chance zur Entscheidung und treibt seine Mannschaft an, aber wie schon erste Halbzeit auch mit einem negativem, agressiven Unterton. Wenig motivierend. Die Minuten verrinnen, die Anspannung beim Gegner steigt, die Leistung meiner Mannschaft auch.

Die 10 Minuten sind um, wir sind wieder komplett. Halt zu zehnt. Erstmals werde ich laut “Jetzt haben wir 10 Minuten zu neunt überstanden, dann werden wir die restlichen 25 Minuten zu zehnt schaffen”. Ich ernte einen bösen Blick von der anderen Ersatzbank. Die Auswechslungen werden immer hektischer, die Umstellungen immer kurioser. Spieler verschiesst? Klar, wird gleich rausgenommen. Ein anderer kommt rein. Und das dauernd. Haben ja 15 Spieler. Aber wir kommen zu unseren Konterchancen. So auch in der 63. Minute (23. Minute der 2. Halbzeit). Konter über links, Spieler nutzt seine Schnelligkeit (so war auch der Plan, die taktische Ausrichtung) und trifft. 0:1. Wir liegen in Führung. In Unterzahl. Das gibt Kraft. Für die zweite, dritte Lunge. Nein, ich glaub nimmer, das wir konditionell einbrechen werden.

Gegner streitet. Spieler untereinander. Spieler mit Trainer. Trainer mit Spieler. Das motiviert. Wir ziehen uns noch weiter zurück, geht ja nur mehr 17 Minuten und weniger. Gegnerische Tormann ist eigentlich schon längst Feldspieler. 6 Minuten nach dem 0:1 läuft der irgendwo 30 m vor dem Tor, sehr weit rechts (ausserhalb der seitlichen 16er Begrenzung) mit dem Ball und versucht einen Diagonalpass in unsere Hälfte. Spieler fängt diesen Pass in unserer Hälfte kurz vor der Mittelauflage ab, ein, zwei Ballkontakte, und da isser, der Schuss auf das leere, 50 m entfernte gegnerische Tor. Der Tormann läuft in Richtung Tor, und versucht den Ball abzufangen. Und… ja, er hat den Ball unter Kontrolle, einen halben Meter hinter der Torlinie. 0:2.

Die letzen 10, 11 Minuten passiert nix mehr. Wir gewinnen das Spiel. In Unterzahl. Ohne Tormann, der aber in Höchstform agierte und das eine oder andere Tor verhinderte. Mit einer kämpferischen Topleistung. Und mit 2 (eigenen) Zuschauern. Unbelieveable.

Vergessen, die Schwierigkeiten der letzten Tage. Einfach nur Stolz auf die Mannschaft und die Leistung. Warum ich Trainer bin. diflucan without prescription Buy Prozac buy diflucan

  1. [1] Kurz darauf erfuhr ich von einem anderen Spieler, dass er sich bei einem Unfall verletzt hatte
  2. [2] und meine Frau und die beiden Kinder