Worum geht es in diesem Spiel?

Am Samstag war ich mit meiner Mannschaft (U14) bei einem Auswärtsspiel. Die häufigste Entscheidung, die der Schiedsrichter in diesem Spiel getroffen hatte, war Abseits. Und zwar meistens gegen meine Spieler.

Als ich wieder zu Hause war, las ich einen Spielbericht eines anderen Spiels, auf der Homepage eines anderen Vereins. Dabei gings um ein U12 Spiel. In diesem Spielbericht werden 2 Abseitsentscheldungen des Schiedsrichters kritisiert, und im Fazit des Spielberichts[1] heisst dann:

Fazit: Ein gutes Spiel so entscheidend zu beeinflussen ist schwer fahrlässig. Nicht nur weil es um wichtige Punkte geht, sondern viel mehr um das Vertrauen der Kinder in diesen Sport. 

Geht’s wirklich darum?

Zurückkommend auf unser Spiel. Ja, die häufigste Entscheidung des Schiedsrichters im Spiel war Abseits, und sie betraf meistens uns. Das ist aber nur eine Feststellung und keine Kritik am Schiedsrichter. Dafür gibt’s für mich mehrere Gründe:

  • Wenn wir, so wie zB in der ersten Halbzeit, auf jenes Tor spielen, das weiter von unserer Bank entfernt ist, dann bedeutet das, dass ich als Trainer mind. 50-70 m von den betroffenen Spielsituationen entfernt bin. Wer glaubt den ernsthaft, aus dieser Entfernung und diesem Blickwinkel eine Abseitsentscheidung besser beurteilen zu können, als ein Schiedsrichter der zig-Meter näher am Spielgeschen ist?
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  • Selbst in der zweiten Hälfte wo meine Stürmer in jener Hälfte spielen, in der sich auch die Bank befindet, wird der Schiedsrichter im Normalfall eine bessere, weil nähere Sicht auf die Situation haben.
  • Einzig wenn die (vermeintliche) Abseitsstellung zufällig auf meiner Höhe stattfindet, werde ich die Situation vielleicht besser beurteilen können. Aber selbst in dem Fall, halte ich dem Schiedsrichter zu Gute, dass die derzeitige Abseitsregel für einen Schiedsrichter, der ein Spiel ohne – ausgebildete – Assistenten leiten muss, im Grund nicht fehlerfrei zu pfeifen ist. Es kommt sehr oft zu Situationen, wo – Position bei Ballabgabe, Position Passempfänger und die gedachte Querlinie am Feld – in einem Moment – bei Ballabgabe – überblickt werden müssen, was den menschlichen Körper anatomisch völlig überfordert, weil wir Menschen das dafür notwendige Gesichtsfeld nicht haben. Soll ich den Schiedsrichter dafür kritisieren, dass die FIFA die Regeln so gestaltet, wie sie gestaltet sind? Oder dass er keine Assistenten gestellt bekommt (weils einfach viel zu wenige gibt, die sich den Aufwand für (fast) kein Geld und viel Schmähungen antun wollen)?
  • Und selbst wenn der Schiedsrichter eine falsche Entscheidung trifft, heißt das noch lange nicht, dass es Absicht oder Unvermögen ist. Ein Beispiel hab ich hier dargestellt.
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  • Und zu Guter letzt: wem nützt eine allfällige Kritik am Schiedsrichter bzw. was nützt meinen Spielern und meiner Mannschaft? Meine Erfahrung ist dabei, dass – ausgeprägte – Schiedsrichterkritik zumeist Unruhe in die eigene (!) Mannschaft bringt.

In der Pause kamen Spieler zu mir und kritisierten Abseitsentscheidungen, sie wären da und dort klar „von hinten“ gekommen. Ich hab dann wiederholt, was ich Ihnen in solchen Situationen immer sage. Man kann im Normalfall die Art und Weise, wie ein Schiedsrichter Spiele leitet, nicht beeinflussen -. zumindest nicht zu seinen Gunsten. Was man ändern kann, ist wie man sich selbst im Spiel verhält. Wenn ich als Stürmer merke, dass häufig gegen mich auf Abseits entschieden wird, dann kann ich mich in der Vorwärtsbewegung beim Pass etwas zurückhalten. Sie waren den Verteidigern derart läuferisch überlegen, dass es da nicht auf den einen oder anderen Meter angekommen wäre.

Bei der Heimfahrt fragte mich einer der jüngeren Spieler. Er hatte kurz vor Schluss ein Tor geschossen, dass aber vom Schiedsrichter nicht gegeben wurde. Er wollte von mir wissen, ob er wirklich abseits gewesen wäre. Er meinte, dass er sich – beim einem Konter – eigentlich hinter den Ballführenden zurückfallen hätte lassen. Aus meiner Perspektive wars nicht eindeutig zu sehen, und ich konnte ihm daher seine Sicht nicht eindeutig bestätigen.

Was ich ihm allerdings bestätigen konnte, war, dass die Spielaktion erstklassig gemacht war. Ein schnell vorgetragener Konter (beim ersten Pass sah der Schiedsrichter noch keine Abseitsstellung), richtige Laufwege, eine sehr gut gelöste 2:1 Situation gegen den Verteidiger und dann noch ein herrlicher Abschluss.

Das, was die beteiligten Spieler in der Aktion gemacht haben, war (fast?) alles richtig. Ob das Tor nun zählt oder nicht, können sie nicht beeinflussen, das entscheidet der Schiedsrichter.

buy Alesse Darum geht’s mir …

… als Trainer in dem Sport, und vor allem bei der Nachwuchsarbeit. Den Kindern etwas fussballerisch beizubringen, ihnen taktisch etwas zu lehren und vor allem dass sie die eigene Leistung richtig einschätzen können und schätzen.

Etwas später abends habe ich dann den Artikel von Wolfgang Wiederstein über den Trainer Helmut L. Kronjäger gelesen. Und in dem Artikel gibt’s unter anderem diese Passage:

„Ein Spieler“, erinnert er sich, „hat einmal beim Debüt aus 20 Metern die Latte getroffen. Ein traumhafter Schuss, aber eben nur die Latte. Er ist dennoch auf die Knie gerutscht und hat sich wie ein kleines Kind gefreut. Ich habe erwidert: Aber das war kein Tor. Worauf er meinte: Trainer, ich habe den Ball so getroffen, wie man ihn treffen sollte. Das ist doch geil!“ Ist es nicht das, was Fußball in Wahrheit ausmacht?

Wunderbar für einen Trainer, wenn das der Spieler selbst schon so sieht. Und vor allem wohltuend zu merken, doch nicht der einzige zu sein, der das so sieht. In der tagtäglichen Arbeit, am Platz, in Gesprächen mit so manchen Trainerkollegen und so manchen Zuschauern, hat man dann doch hin und wieder ein Don Quijote-Gefühl.

  1. [1] Ich kenne und schätze sowohl den zitierten Trainer als auch den Autor des Spielberichts. Hier sind wir nicht einer Meinung.