Elfer oder nicht – eine Frage der Perspektive

Ein Nachwuchsspiel (U15) wie viele andere. Eine Szene wie sie in jedem Spiel mehrmals vorkommt. Spieler sind mit der Entscheidung des Schiedsrichters oder wie im konkreten Fall einer Schiedsrichterin nicht einverstanden und protestieren.

2 Spieler reklamieren

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Was war passiert? Im Zweikampf mit dem Tormann kam ein Spieler – bereits alleine vor dem leeren Tor – zu Fall und wollte, so signalisiert es die Handbewegung einen Elfmeterpfiff hören, der aber nicht kam.

Ausgegangen ist der Situation ein etwas zu kurz geratener Rückpass.

Nimmt man das vorletzte Bild dieser Slideshow und vergrößert den relevanten Ausschnitt, so sieht man folgendes: DSC02230_ausschnitt Der Tormann zieht deutlich mit beiden Händen am Leiberl des Stürmers und diesem damit zu Boden. Eine klare Regelwidrigkeit, die allerdings nicht geahndet wurde, weshalb die Überraschung/Enttäuschung des betroffenen Spielers nachvollziehbar ist.

Hat die Schiedsrichterin einen Fehler gemacht, weil sie den Elfer nicht gepfiffen hat?

Meiner Meinung nach nicht. (Und ich bin Trainer der Mannschaft des gefoulten Spielers).

Warum?

Auflösung

Ja, klar, am vergrößerten Bildausschnitt sieht man deutlich, wie der Tormann am Leiberl zerrt. Nur: das Foto wurde mit ca. 24 Megapixelauflösung aus schätzomativ 60 Meter Entfernung aufgenommen. Da ist es ein Leichtes sich im Nachhinein – wenn die Situation zufällig festgehalten wurde – ein Urteil zu bilden.

Schnelligkeit

Man kann es an der Fotoserie erahnen, aber noch besser sieht man es anhand des von NRDTV10 gemachten Videos (ab ca. 1 Minute). Unmittelbar bevor man sieht, dass der Tormann am Leiberl zieht, ist die Situation durch einen Verteidiger verdeckt.

Zwischen (screenshots aus dem Video)

Verteidiger verdeckt Situation

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und

Foul des Tormannes

Ventolin price purchase Nexium Foul des Tormannes

vergeht nicht einmal eine viertel Sekunde. Wenn hier jemand (ein Zuschauer zB der sich in der Nähe der Foto- bzw. Filmkamera befand ) behauptet, er hätte im laufenden Spiel erkannt, dass der Tormann den Stürmer tatsächlich am Leiberl runterzieht, dann kann ich nur den Hut ziehen. Mir wars nicht möglich, allerdings befand ich mich an der anderen Seite des Platzes.

Perspektive – Teil 1

Aus meiner Perspektive (auch da filmte bei diesem Spiel jemand mit) sah das folgendermaßen aus:

.

Das Standbild aus diesem Video zu dieser Szene schaut so aus:

Standbild

Standbild

Selbst in der ruhigen Nachbetrachtung kann man das Foul des Tormanns nicht mehr sehen, die linke Hand (die wohl auch mehr gezogen hat) sieht man gar nicht mehr, die rechte “liegt” scheinbar am Stürmer, eine konkrete Zugbewegung ist allerdings nicht zu erkennen. Ganz zu schweigen von einer Beurteilung im “Live”-Ablauf. Ich konnte es jedenfalls nicht sehen.

Perspektive – Teil 2

Bisher habe ich nur Sichtweisen von Aussenstehenden (Zuseher, Trainerbank) betrachtet, was ist mit der Sicht der Schiedsrichterin? Schauen wir uns das schematisch an:

Die beiden “Striche” symbolisieren die Stellung die Schulterachse der beiden Spieler (Stürmer und Tormann) zum Zeitpunkt des Bildausschnittes aus der Fotoserie, wo man die Hände des Tormanns am Leiberl des Stürmers erkennen kann. Die weiteren Spieler sind nicht dargestellt.

Die Position 1 gibt ungefähr die Sichtweise der Fotoserie bzw. der Aufnahme von NRDTV10 an, wo man den Regelverstoß in der Vergrößerung sehen kann.

Die Position 2 gibt meine Position bzw. die der 2. Filmkamera an, wo man selbst im Standbild schon “nur” mehr eine Hand erkennen kann.

Von Position 3 hätte man wohl die Situation am deutlichsten erkennen können, aber dort steht nicht einmal bei Bundesligaspielen ein Assistent, denn der würde auf der Position 4 stehen, wo die Sicht durch die Körperhaltung des Tormanns schon eingeschränkt wäre. Im Nachwuchs oder auch in unterklassigen Spielen von “Ersten” Mannschaften steht dort ein Vereinsvertreter und kein offizieller Verbandsschiri oder -Assistent. Die Vereinsvertreter “dürfen” – aus nachvollziehbaren Gründen – dann überhaupt nur Outeinwurf anzeigen. Im konkreten stand dort der Trainer der verteidigenden Mannschaft (unser Vertreter stand auf der anderen Seite).

Tja, und die Position 5 gibt ungefähr die Position der Schiedsrichterin an, man kann das nur anhand des 2. Videos “erahnen”. Ich gehe davon aus, dass die linke Hand des Tormannes aus Ihrer Perspektive bereits durch den Körper des Tormanns verdeckt ist, die rechte ist aus der Perspektive wohl nicht zu sehen.

Fazit

Es war wohl ein Regelverstoß, der mit einem Elfmeter zu ahnden gewesen wäre, insofern muss man den betroffenen Spieler in seiner Reaktion verstehen. In der konkreten Situation, wo derartige Spiele nur von einem “Offiziellen” geleitet werden und nicht zumindest auch mit Assistenten an den Linien besetzt werden[1], liegt es in der Natur der Sache, dass dieser nicht immer alles und jedes sehen kann. In dem Fall gehe ich davon aus, dass die zu ahndende Handlung des Tormanns von diesem selbst für die Schiedsrichterin verdeckt wurde.

Disclaimer

Selbstverständlich bin ich als beteiligter Trainer net objektiv, was mich nicht daran hindert es zumindest zu versuchen. Und in diesem Fall liegen mehr (als sonst) Bilddokumente vor, womit eine genauere Darstellung der Situation möglich ist.

  1. [1] Eine durchgängige, vollständige Besetzung setzt natürlich auch ausreichend ausgebildete Schiedsrichter und Assistenten voraus, die man leider nicht hat. Das wäre übrigens eine gute Gelegenheit für all jene, die immer über die Schiedsrichterleistung lästern, was dagegen zu tun ;-)